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„Jazz ohne Stress“ im ausverkauften Winzerverein

Von Thomas Weber |

Caspar Van Meel und Soleil Niklasson begeisterten

Was vor 15 Jahren ganz klein im Keller des Lantershofener Winzervereins begann, hat sich zu einer kleiner Erfolgsgeschichte entwickelt, nämlich einem ausverkauften Jazz-Event, das durchaus als Mini-Festival angesehen werden kann: „Jazz ohne Stress“ fand am vergangenen Samstag zum 16. Mal statt und eröffnete traditionell den kulturellen Jahresreigen in Lantershofen. 250 Gäste im Winzerverein waren auch dieses Mal angetan von dem, was Saxofonist und Veranstaltungsgründer Jonas Röser sich ausgedacht hatte. Seit Jahren gliedert sich die Veranstaltung in zwei Hälften, nämlich einen instrumentalen und einen vokalen Part. Als Kulturlant sich der Veranstaltung vor vier Jahren annahm, unternahm man einen durchaus riskanten Schnitt, weg von der Club- und hin zur Theateratmosphäre. Mehr Gäste sollten so Platz finden. Vor zwei Jahren änderte man das Konzept erneut, Jonas Röser bietet seither ein gegenüber früher stark aufgepepptes Programm. Der Erfolg gibt allen Recht.

In diesem Jahr nahm Röser vor der Pause erstmals im Publikum Platz, überließ die Bühne seinem jahrelangen Mitstreiter Caspar van Meel. Der Bassist trat mit seinem Quintett auf, alles erstklassige Berufsmusiker, die teilweise mit der WDR-Bigband um die Welt reisen. Am Samstag endete die Reise im beschaulichen Lantershofen, wo das Quintett Songs aus van Meels geplantem Debutalbum „On the edge“ präsentierte. Das wird in den kommenden Monaten am Markt sein. In den Stücken kamen alle Musiker mit Soli zu Gehör, tonangebend aber waren Posaunist Tobias Wember und Saxophonist Denis Gäbel. Der Bruder von Entertainer und Bandleader Tom Gaebel gilt als einer der gefragtesten Saxophonisten Deutschlands. Das Quintett traf mit seiner lohnenden Musik den aktuellen Zeitgeist, kam mal ruhig, mal verspielt daher. Van Meel, aus dessen Feder alle Stück stammen, hat ein expressives Musikwerk geschaffen, dass eine aktuell bewegte Zeit darstellt. Bemerkenswert: die dem Komponisten Erik Satie gewidmete Ballade „For Eric.“ Satie beeinflusste mit seinen Werken die Neue Musik, den Jazz und die Populäre Musik, ein Vorbild für van Meel. Dem Publikum in Lantershofen gefiel der instrumentale Part des Quintetts, dass schon vor der Pause eine Zugabe geben musste.

Im zweiten Part des Abends übernahm die gleichermaßen impulsive wie sensible amerikanische Jazzsängerin Soleil Niklasson das musikalische Kommando. Die in Los Angeles aufgewachsene und heute in Deutschland lebende Sängerin moderierte in englischer Sprache, in ihren Stücken gestattet sie den begleitenden Musikern, Saxophonist Jonas Röser, Bassist Capar van Meel oder Pianist Roman Babik Soli, die nicht übertrieben waren, aber die Klasse der Musiker vollends zu dokumentieren wussten.

Einer der Höhepunkte war das minutenlange Intro von Schlagzeuger Drummer Dominic Brosowski zu Duke Ellingtons „Caravan.“ Stücke, wie Cole Porters „Love for sale“ oder „Let‘s stay together“ animierten zum Mitmachen. Bei eher sanften Songs, wie „If loving you is wrong“ oder „My foolish heart“ kam die ganze Kraft der vom Gospel geprägten Jazzerin zum Tragen. Am Ende dann der Höhepunkt des Konzertabends mit der musikalischen Entführung des Publikums in die Amsterdamer Rotlichtviertel: „Love don’t come easy.“ Soleils Aufforderung „Stand up and dance“ kam das Publikum nur zu gerne nach und entließ Sängerin und Band erst nach zwei ausgiebigen Zugaben. Auf seinem Stuhl saß da schon lange keiner mehr.